Was tun, wenn beim EMDR plötzlich ein anderes Thema auftaucht?
Ein ganz normaler Moment im EMDR-Prozess
Stell dir vor: Du beginnst dein EMDR-Selbstcoaching mit einem klaren Thema. Vielleicht geht es um eine bestimmte Szene, ein belastendes Gefühl oder ein unangenehmes Selbstbild. Du startest die bilaterale Stimulation – und plötzlich ist ein ganz anderes Bild da. Eine Erinnerung, mit der du nicht gerechnet hast. Ein Gefühl, das scheinbar gar nicht zum ursprünglichen Thema passt.
Wenn dir das schon einmal passiert ist, dann bist du nicht allein. Und vor allem: Es ist kein Fehler. Im Gegenteil. Genau solche „Abzweigungen“ sind oft ein Zeichen dafür, dass dein inneres System gut arbeitet.
Was bedeutet es, wenn etwas anderes auftaucht?
EMDR aktiviert dein neuronales Netzwerk – und das bedeutet: Erinnerungen, Gefühle und Gedanken, die miteinander verknüpft sind, kommen in Bewegung. Dein Gehirn bringt dabei nicht immer das auf den Tisch, was du dir bewusst vorgenommen hast. Stattdessen zeigt es dir oft, was aus seiner Sicht der wichtigste nächste Schritt ist.
Das kann eine ältere, tieferliegende Erfahrung sein. Etwas, das im Hintergrund schon lange wirkt, aber bisher nicht im Fokus war. Das Erscheinen eines neuen Themas ist also kein „Themenwechsel“ im klassischen Sinn, sondern eine natürliche Weiterentwicklung deines Prozesses.
Bleiben oder folgen?
Die zentrale Frage ist nun: Solltest du bei deinem ursprünglichen Thema bleiben oder dem neuen Impuls folgen?
Die Antwort ist wie so oft: Es kommt darauf an.
Wenn das neue Thema deutlich spürbar ist – emotional oder körperlich –, dann ist es oft sinnvoll, diesem inneren Weg zu folgen. Du kannst deine bilaterale Stimulation weiterlaufen lassen und beobachten, was sich zeigt. Achte dabei auf deine innere Stabilität. Fühlst du dich sicher genug? Ist dein „sicherer Ort“ greifbar? Bist du innerlich in der Lage, mit dem Neuen zu arbeiten?
Wenn ja: Vertrau deinem Prozess. Dein Gehirn weiß oft erstaunlich gut, wo es hinwill.
Wann du stoppen solltest
Es gibt aber auch Momente, in denen es besser ist, innezuhalten.
Wenn das neue Thema zu überwältigend ist, wenn du das Gefühl hast, den Boden unter den Füßen zu verlieren oder dich emotional überrollt fühlst – dann gilt: Stopp.
Nimm einen tiefen Atemzug, beende die Stimulation, verbinde dich mit deinem sicheren Ort. Vielleicht ist jetzt nicht der richtige Moment, um tiefer zu gehen. Vielleicht braucht es erst mehr Stabilisierung. Und das ist völlig in Ordnung.
Beim EMDR-Selbstcoaching gilt immer: Du bist verantwortlich für deine Sicherheit. Und Pausen sind ein Teil des Prozesses – kein Scheitern.
Ein kleiner Tipp für deinen Fortschritt
Nach jeder Sitzung lohnt es sich, ein paar kurze Notizen zu machen. Was war dein Ausgangsthema? Was ist spontan aufgetaucht? Was hast du gefühlt – körperlich, emotional, gedanklich? Und wie ging es dir danach?
Diese kleinen Protokolle helfen dir, deinen Weg besser zu verstehen. Und sie zeigen dir, dass auch scheinbare Umwege oft genau dorthin führen, wo echte Veränderung möglich wird.
Fazit
Wenn beim EMDR-Selbstcoaching plötzlich ein anderes Thema auftaucht, ist das kein Problem – sondern oft ein Geschenk. Es zeigt, dass dein inneres System aktiv ist und dir wichtige Hinweise gibt. Du darfst dem folgen – wenn du dich sicher fühlst. Und du darfst auch jederzeit stoppen, wenn es zu viel wird.
Vertrau dir. Und vertrau deinem Prozess.