Gleich am Anfang meiner EMDR-Workshops stelle ich allen Teilnehmern grundsätzlich dieselben 2 Fragen:
- Welche Themen bewegen oder belasten Dich gerade?
- Wie hoch ist das Ausmaß Deiner subjektiven Berührtheit, wenn du jetzt an ein Thema denkst?
Spätestens bei der zweiten Frage kommen die ersten Nachfragen:
Was meinst Du damit?
Wie soll ich das verstehen?
Ich gebe zu, dass die Formulierung etwas gestelzt anmutet. Da die Frage aber exakt sein soll, hat sich diese Formulierung bewährt. Denn allein dadurch wird die Aufmerksamkeit der Teilnehmer erhöht. Ich könnte die Frage auch so formulieren: Wie hoch ist Dein gegenwärtiger Belastungsgrad, wenn Du jetzt an Dein Thema denkst?
Aber so Mancher fühlt sich Angesichts seines Themas nicht belastet sondern einfach nur unwohl oder gar überaus wohl. Von einer Belastung zu sprechen, wäre also nicht korrekt. Anders als im Coaching ist in der Therapie dagegen sehr wohl von einer Belastung auszugehen; dazu aber später mehr.
Falsch wäre es zu fragen: Wie fühlst Du Dich, wenn Du an Dein Thema denkst?
Denn es geht hier eindeutig um das Ausmaß, den Grad der Berührtheit, während das Thema vor Augen ist. Die eigene Wahrnehmung des eigenen inneren emotionalen Zustands soll hier quantifiziert werden.
Um die 2. Frage zu beantworten, nutzen wir eine Skala von -10 bis (+)10.
Während -10 die schlimmste vorstellbare Belastung darstellt, symbolisiert 0 einen neutralen emotionalen Zustand. 10 bezeichnet einen Zustand, der sich nicht verbessern lässt: Schöner und besser geht´s nicht mehr!
Auch in der EMDR-Selbstcoaching-Anleitung in 6 Schritten verwenden wir die bipolare Skala der subjektiven Berührtheit.
Das klassische EMDR-Protokoll nutzt hier eine Skala von 0 bis 10, wobei 0 keine Belastung und 10 die maximale Belastung darstellt.
Da das klassische EMDR-Protokoll in der Therapie Anwendung findet, reicht diese Skala von 0 bis 10 aus. Geht es doch in der Therapie in der Regel darum, den Grad des Unbehagens zu schätzen. Da EMDR von Francine Shapiro entwickelt wurde und aus den USA kommt, heißt diese Skala im Ursprung subjective units of disturbance (SUD), frei übersetzt heißt das auf Deutsch subjektiver Grad des Unbehagens.
Im Coaching oder Selbstcoaching jedoch erleben wir nicht selten, wenn auch meist erst nach einer EMDR-Selbstcoaching-Anwendung, positive Emotionen. Und es gilt, auch diese wahrzunehmen und zu bewerten.
Daher bevorzuge ich die bipolare Skala von -10 bis (+)10.
Warum es überhaupt wichtig ist, das Ausmaß der subjektiven Berührtheit zu schätzen und zu notieren
Allein die Auseinandersetzung und Bewertung der eigenen Emotionen unterstützt den persönlichen Reifungsprozess. Denn wir stellen fest, dass das persönliche Unbehagen einen unterschiedlichen Grad annehmen kann.
So kann der Stress mit dem Chef einer -3 auf unserer Skala entsprechen, während der Unfall auf der Straße mit dem eigenen Fahrzeug eine -5 darstellt.
Wenn wir uns dann des einzelnen Themas im EMDR-Selbstcoaching annehmen und den Grad der Belastung erneut nach dem Selbstcoaching einschätzen, stellen wir meistens fest, dass es erfreulicherweise zu einer Verringerung des Belastungsgefühls (Effekte von EMDR) gekommen ist.
Die Einschätzung der Ausprägung unseres Unbehagens vor und nach einer Selbstcoaching-Sitzung führt uns bewusst vor Augen, dass wir unseren Emotionen nicht hilflos ausgeliefert sind und wir uns erfolgreich selbst helfen können.
So berichtet Silke*, dass aus einer -3 wegen Stress, der bei der Erstellung einer Präsentation unter großem Zeitdruck für die Arbeit entstand, nach dem Selbstcoaching eine (+)2 wurde, weil es zu einer persönlichen Neubewertung der Situation kam. Silke betrachtete die Lage danach so, dass ihr Chef gerade ihr diese Aufgabe übertragen hatte, weil er wusste, dass nur sie in der Lage ist, in kurzer Zeit eine hochwertige Präsentation zu erstellen, welche die Chancen der Firma erhöhte, den neuen Kunden für sie zu gewinnen!
Auf einmal empfand sie Stolz und machte sich mit einem guten Gefühl an die Arbeit. Die Präsentation wurde ein Erfolg!
Wir gewinnen mehr Stresstoleranz und haben größere Ziele
Das Bewusstsein, dass wir unsere eigene Gefühlswelt erfolgreich positiv gestalten können, lässt die persönliche Stresstoleranz und emotionale Kompetenz wachsen. Denn schon allein das Wissen, keine Angst vor Stress und anderen emotionalen Belastungen haben zu müssen, lässt uns einerseits die Herausforderungen unseres Lebens offener willkommen heißen und andererseits noch größere Ziele in Angriff nehmen, wenn wir es wünschen. (Mit EMDR und REMSTIM 3000 die tägliche Belastbarkeit steigern)
Eine hilfreiche Übung, die ich selbst gern mache und oft empfehle, geht so: ich sammle kurz meine aktuellen Themen in Form einer Mind-Map. (Mehr zur Mind-Map: https://de.wikipedia.org/wiki/Mind-Map)
Dazu setze ich mich mit einer Tasse Kaffee oder einem Tee an meinen Küchentisch. Ich frage mich dann „Worauf könnte ich gerade verzichten?“ und schreibe die Themen, die mich stören, ohne viel Nachdenkens auf. Das dauert meist kaum mehr als 10 Minuten. Danach schätze ich den gegenwärtigen Grad meiner subjektiven Berührtheit zu jedem Thema und notiere bei jedem Thema auf dem Blatt den Wert.
Dann entscheide ich mich für eines der Themen, dessen Ausmaß am höchsten ist, mir also ein großes Unbehagen bereitet, gehe zu meinem Lieblingssessel und befasse mich damit in einer EMDR-Selbstcoaching-Sitzung mit der EMDR-Brille REMSTIM 3000. Ich nutze dann die Selbstcoaching-Anleitung in 6 Schritten.
Da solch eine Sitzung meist gerade mal wenige Minuten dauert, kann ich manchmal noch ein 2. Thema mit annähernd ähnlichem Grad des Unbehagens bearbeiten.
Häufig stelle ich fest, dass die Themen miteinander zusammenhängen. Entstresse ich meine emotionale Reaktion auf das eine Thema, habe ich stets gute Chancen, auch andere akut involvierende Themen in neuem und schönerem Licht zu betrachten.
In den meisten Fällen geht es mir danach viel besser. Ich fühle mich ruhiger und meinen Aufgaben mehr gewachsen. Das Gefühl, die Dinge wüchsen mir über den Kopf, ist einem neuem Tatendrang gewichen.
Es gibt sicher aber auch Themen, die ich nicht allein selbstcoachen möchte, da deren Belastungsgrad mir aktuell zu hoch erscheint. Ich entscheide mich dann, dieses Thema auszuhalten und vorerst zurückzustellen, um zu schauen, ob die Zeit hier etwas Erleichterung verschafft. Oft wage ich dann zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund eines gesunkenen Belastungsausmaßes eine EMDR-Selbstcoaching-Sitzung. Manchmal nehme ich dieses Thema dann mit zu meinem Coach. Lesen Sie dazu auch Selbstcoaching oder Coaching mit einem Coach – wie entscheiden wir?
Wer also noch nicht die EMDR-Selbstcoaching-Anleitung kostenlos heruntergeladen und kennengelernt hat, hat hier die Gelegenheit.
Herzlichst,
Ihr Thomas Buhl
*Name geändert